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SPRACHGARBE - IM ANFANG WAR DAS WORT

das gedicht von gestern

elfer. kurzes für jede jahreszeit.

abgeweidet

abgeweidet
die grashänge
eingefärbt die laubbäume
talwärts der trupp kühe
oktober

abwarten

abwarten
und tee
trinken bis wir
in teufels küche den
braten

auge

auge
um auge
beisst der zahn
der zeit ins frische
gemüse

blau 1

blau
das meer
strand und sonne
im wasser lockt kühlung
ferien

blau 2

blau
das meer
sand und sonne
im wasser blinzelt plastik
fortschritt

cowboy

cowboy
und indianer
spielten wir damals
heute spielen die kinder
gameboy

da 1

da
liegt der
hund begraben sagte
der hase und freute
sich

da 2

da
liegt der
hase im pfeffer
sagte der hund und
ging

dämmerung 1

dämmerung
erstes licht
das leben erwacht
die welt wird form
tag

dämmerung 2

dämmerung
eine fledermaus
umrisse und schatten
das letzte licht stirbt
nacht

dämmerung 3

dämmerung
ein vogel
lastwagen und autos
ein flugzeug am himmel
frühstück

dämmerung 4

dämmerung
insekten fliegen
eine fledermaus jagt
die bäume sind schatten
tod

engel 1

engel
drei könige
gold weihrauch myrrhe
hirten auf dem feld
erscheinung

engel 2

engel
der stern
hirten beim stall
das kind sei geboren
wer

erinnerung

erinnerung
über jahre
sammelt sich vergessen
schutt auf der halde
vergangenheit

eva

eva
die urmutter
heisst eigentlich lucy
wenn wir den paläontologen
glauben

flucht

flucht
verfolgte fliehen
von albträumen gejagt
ins irre gestrüpp der
paragraphen

fisch

fisch
fritz fischt
fritz fischt fische
fritz fischt frische fische
friss

grau 1

grau
der himmel
kahl die bäume
trübsal in den gassen
tod

grau 2

grau
aller tage
müh und laster
fahren dröhnend über gottes
autobahn

gestein

gestein
geschichtet getürmt
zu schroffem gebirg
am fusse nackter hänge
geröll

glaube

glaube
hoffnung liebe
nachts kommen diebe
tags sind alle fenster
spiegel

gold

gold
weihrauch myrrhe
die drei könige
hirten auf dem feld
erscheinung

herbstzeitlose

herbstzeitlose
bleiches liliengewächs
im sterbenden gras
in kolchis lebte einst
medea

habibi

habibi
mein freund
du bist unerwünscht
seit dein bruder bomben
sippenhaft

hominiden

hominiden
sie sass
am meer dachte
so werden sie uns
taufen

karotten

karotten
lieber hase
kitzeln die nase
mit ihrem zarten krausen
grün

kopf

kopf
herz hand
pestalozzi im land
pestalozzi in den köpfen
sand

laub

laub
leuchtet gelb
rot küsst braun
graues grün der nadelbäume
herbst

luzifer

luzifer
in ausübung
seiner pflicht vom
linken pfade gottes ab
gekommen

maikäfer 1

maikäfer
flieg flieg
ins fesche grün
es kommt kein moritz
max

maikäfer 2

maikäfer
flieg flieg
der juni lacht
du bist zu spät
erwacht

milch

milch
eine kuh
auf der weide
steht ein traktor frisst
benzin

morgenhimmel

morgenhimmel
ein vogel
der zwitschert unbekümmert
sein lied vom glück
frühling

nacht

nacht
zieht herauf
legt das land
in tiefes schweres dämmern
schlaf

nebel

nebel
greift mit
kalten feuchten händen
unter meinen rock mir
fröstelt

november

november
allerseelen allerheiligen
stille der toten
es lärmen die lebenden
halloween

orion 1

orion
der jäger
kurz vor tag
im südwesten am horizont
herbst

orion 2

orion
der jäger
ein bündel sterne
wir suchen ein muster
orientierung

querfeldein

querfeldein
rennen hunde
einem hasen hinterher
am waldrand sitzen jäger
herbst

quitte

quitte
gelbe frucht
hart wie holz
welch ein köstlich mahl
gekocht

rauschen

rauschen
wasser stürzt
fällt tosend nieder
über fels und stein
geltenschuss

raukopf

raukopf
rhabarberfüssiger du
kleinschuppig gerostfleckter blasshut
morchelst mir meinen erdritterling
pilzlatein

rilke 1

rilke
rilke kommt
rilke grüsst jandl
jandl grüsst rilke auch
dichterbrauch

rilke 2

rilke
sagte silke
dass er welke
oh nein rief da
elke

rostrot

rostrot
gelbe bäume
mild das licht
krankenkassenprämien kümmert das nicht
herbst

rot

rot
reifes obst
wir pflücken äpfel
die körbe sind voll
september

savanne 1

savanne
brennende sonne
bäume und gras
der vormensch geht aufrecht
pleistozän

savanne 2

savanne
brennende sonne
kühlung im see
der vormensch lernt aufrecht
pleistozän

schnee

schnee
weisse fracht
kam über nacht
jetzt ist alles verpackt
januar

schönheit

schönheit
die andere
hat ihren busen
geliftet meiner ist ein
original

schreib

schreib
mit bedacht
deine drei worte
in das vierte buch
sprachgarbe

sichelmond

sichelmond
im abendhimmel
warte auf mich
bis der letzte stern
erlischt

sprache

sprache
ein wort
oder zwei sätze
ich sage dir etwas
magermilchjogurt

stille

stille
der stern
hirten beim stall
ein kind sei geboren
wer

strassen

strassen
jemand rennt
polizeihunde und sirenen
geschrei schüsse ein aufprall
blut

tagelang

tagelang
sass er
über den büchern
bis die worte wieder
staub

ufer

ufer
blauer see
boote im wind
blesshuhn krächzt im schilf
juni

unbescholten

unbescholten
ihr leben
unbescholten ihr tod
blumen schmücken das grab
ehefrau

vergangenheit

vergangenheit
über jahre
sammelt sich erinnerung
schutt auf der halde
vergessen

vergessen

vergessen
über jahre
sammelt sich vergangenheit
schutt auf der halde
erinnerung

verräter

verräter
sagte sie
nahm das messer
stach drei mal zu
tot

verwirrung

verwirrung
vögel kreisen
am himmel über
dem see treibt ein
boot

wilde

wilde
gefrässige tiere
jagen am himmel
wolken der berg sitzt
stumm

worte

worte
fallen manchmal
tief ins herz
und tragen spät noch
früchte

xenophob

xenophob
du fremdes
wort aus griechenland
kleidest mir zu viele
ein

yvonne 1

yvonne
sagte xaver
willst du mich
dich sagte yvonne ja
xaver

yvonne 2

yvonne
sagte xaver
willst du mich
dich xaver sagte yvonne
nein

zeichen

zeichen
buchstaben worte
begriffe bedeutungen sinn
du hast mich falsch
verstanden

zorn

zorn
reisst die
häute hundertfach in
tausend stücke meine seele
weint

zufall

zufall
sagte das
schicksal als es
dem astrologen ins messer
lief

zwischen

zwischen
stuhl und
bank über stock
und stein ins glück
hinein

was sind elfer?

elfer sind kurze gedichte aus elf wörtern. die elf wörter sind auf fünf zeilen verteilt: erste zeile ein wort, zweite zeile zwei wörter, dritte zeile drei wörter, vierte zeile vier wörter, fünfte zeile ein wort. ohne viel aufwand kann ich täglich ein neues gedicht schreiben und auf meine "netzseite" stellen, so dass hier jeden tag etwas neues steht ... dachte ich früher einmal.