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SPRACHGARBE - IM ANFANG WAR DAS WORT

the red book of damaged dreams

wolken

am himmel graue wolken
ein kühler wind im haar
die kühe sind gemolken
verstaubt das inventar

was ist was sonst zu sagen
gerede feucht und leer
was andre tun statt klagen
ich gehe nicht ans meer

tu nichts nur einfach warten
wohlan aufs abendrot
hinunter in den garten
geh ich von brot zu brot

dazwischen manchmal reis ich
um etwas welt zu sehn
herum und dann was weiss ich
lass es vorübergehn

du siehst am ende hab ich
rein nichts in meiner hand
steh da allein und frag mich
was will ich in dem land

regen

wir stehen im regen
der dorfbach ist über die ufer getreten
eine brücke ist unterspült
von westen weht wind
im tenn ein halbes fuder heu

schnee

schneegestöber
glockengeläut
lichterbäume
feierstuben

kein zutritt für ausländer

glück

die stunde glück
hängt morgens in den bäumen
und der wind zerreisst sie
wie ein totes blatt

die sonne lächelt kühl
und unbeteiligt
während du am fenster stehst
dort unten geht der mann
der dein geliebter war

die nacht ist fort
das laub am boden welk

du suchst nicht einen
der nicht bleibt
am morgen nach der nacht

träne

eine träne
platzt in den rinnstein
und stirbt
meine haut
wird rissig
und bricht

kakteen

jemand rennt durch die strassen
von hunden gehetzt
schüsse
ein aufprall
blut

meine hände zittern
ein messer schneidet dein gesicht

eitrige wunden
geruch von verwesung
schwefelwolken

ein wolf heult in der nacht

zeichen

die sprache der toten
tut der stille
keinen abbruch
josef schläft
maria gebärt
die weisen
folgen dem stern
einer bringt licht
der andere holz
der dritte brot
maria dankt
das kind lächelt
sein auftrag ist erfüllt
die toten weinen nicht mehr

name

in der schar
der namenlosen
stirbt sie
kaum zweijährig
den bombentod
während am fernsehen
die flugzeuge
wunder der technik

mond

im kesseltreiben der hammerschmiede
schwinge hinauf mich ich
zu den rollenden zügen
der neumondbleiche
tränenüberströmt
rehhaarbekränzt
mit frierenden zwischenhirnhäuten

in schlammiger kloake
wühle ich
nach den urgründen
menschlicher vernunft
mit wunden händen
betaste ich
die schleimigweiche masse
meines gehirns

geh weiter
bleib nicht stehen
beim blut der hyazinthen
grab tiefer
nach den mageren knochen der vorzeit

liefere dich aus
dem sperrfeuer der kreidejahre
trag nach hause
dein durchsiebtes bauchfell
gib obdach den sperlingen
im brusthaar deiner zeit